Der Hahn kräht in Dauerschleife, die Kühe muhen und der Wachhund nebenan bellt jeden und alles an, was sich ihm in den Weg stellt. Ich blinzle durchs Rollo und sehe die Dachzelt-Camper nebenan verfroren aus ihrem Bett steigen. Ich würde ihnen am liebsten einen heißen Kaffee kochen, aber sie haben alles dabei. Da sieht man mal wieder, was für ein Luxusleben wir führen, denn Pablo hat eigentlich alles was wir brauchen: ein warmes Bett, im Notfall eine Heizung, eine Dusche und eine kleine Küche um allerlei Leckereien zu zaubern. Und dann bringt er uns auch noch an solche Orte.
Die Sonne kündigt mit einem rosa Streifen am Himmel den Tagesanbruch an und der Hahn nebenan befiehlt: „Raus aus den Federn“! Die Aussicht ist traumhaft.. vor uns der weitläufige, weiße Sandstrand, an dem kleine, weiße Schaumkronen abprallen. Ruhe , Frieden und der Duft von frischem Kaffee – so etwas kann einem kein Hotel bieten. Nach dem Frühstück geht’s nach Santander. Das Navi scheint allerdings im Sonntagsmodus und schickt uns über unbefestigte Wege dorthin, aber immerhin mit schönen Aussichten. In Isla ist Bauernmarkt & die Einheimischen pilgern in Scharen dahin. Mich würde er natürlich auch reizen und ein paar lokale Produkte würden unserem Kühlschrank nicht schaden, denn es herrscht ziemliche Ebbe darin. Aber wir wollen ja weiter!
In Santander gehen wir erst mal den Camper-Geschäften nach. Anschließend cruisen wir in unserem „Sightseeing-Bus Pablo“ an mondänen Villen und den Highlights der Stadt entlang.
Sie ist wie ausgestorben… Spaß! Soviele Autos in einer Stadt sieht man selten. „Alles muss raus“, scheint das heutige Motto zu sein. Es gibt keinerlei Parkmöglichkeiten, um die Stadt zu Fuß zu erkunden. Wenn die Spanier ihre Autos stapeln könnten, würden sie auch dies noch tun. Es wird in Kreiseln oder in Einfahrten geparkt und der Platz notfalls mit Stoßstangengewalt verteidigt. Der städtische Strand ist von Menschen übersät – ein Bild wie Millionen kleiner Ameisen im schneeweißen Sand, von dem man kaum noch etwas sieht.
Hatten wir es nicht geahnt? Doch, aber wir wollten wenigstens den Palacio de la Magdalena besichtigen, oder wie wir ihn nennen, seit wir das spanische Pendant zu Downton Abbey gesehen haben: „Grand Hotel“!
Aber es hilft alles nichts, der Parkplatzgott hat kein Erbarmen und so fahren wir weiter nach Santilliana del Mar. Sie wird als Stadt der drei Lügen bezeichnet, da sie weder heilig, noch flach ist und auch nicht am Meer liegt. Letzteres bezieht sich jedoch auf die Stadt, denn die Gemeinde hat eine Küste. Hier ist auch viel los, allerdings ist es nicht so schlimm wie in der Stadt. Wir scheinen doch „Dorfkinder“ zu sein. Wir haben Glück und bekommen einen guten Platz, sogar zentral am „centro histórico“. Da wir unsicher sind, ob wir hier parken dürfen, frage ich die fleißige Politesse vor Ort in gebrochenem Spanisch und bekomme ein „esta bien“ zur Antwort. Perfekt, wir ziehen los und sind gespannt, was die Stadt zu bieten hat.
Im Reiseführer war nicht viel darüber zu finden, aber es soll ein schönes, mittelalterliches Städtchen sein. Und genauso ist es: enge, kopfsteinpflaster-gepflasterte Gässchen, schöne, gepflegte Altbauten und mit Blumen geschmückte Paläste sowie süße, kleine Geschäfte säumen unserem Weg. Die wichtigste Sehenswürdigkeit ist das Kloster Colegiata de Santa Juliana. Hier entdecke ich eine witzige Besonderheit: In einem kleinen Raum befindet sich ein Schaufenster mit allerlei Gebäck. Daneben eine Drehtür und eine Klingel. Hat man sich für eine Leckerei entschieden, klingelt man und eine Ordensschwester erscheint an der Drehtür, fragt was man möchte und liefert prompt. Ein altmodischer, aber persönlicher Gebäckautomat also.
Wir schlendern durch die Gassen und ich kaufe ein paar Kleinigkeiten ein. Santilliana ist bekannt für seine Käsespezialitäten und so gibt es an jeder Ecke Delikatessen. Ich kaufe im Casa Angel den bekannten Kuchen, denn man sagt hier sprichwörtlich: „Wer kein Glas Milch und keinen Quesada hat, wird nicht heiraten!“ stellt Euch mal vor, Marco lässt sich deswegen scheiden und ich komme nirgends mehr hin? Am „Ende“ der Altstadt trohnt die Stiftskirche Colegiata de Santilliana del Mar. Leider können wir sie nicht besichtigen, aber sie bietet Schatten und das kleine Café unterhalb lädt zur Kaffeepause ein.
Danach geht es zurück zum Auto. Wir ziehen heute noch weiter in die Picos de Europa. Zuerst Berge, dann Meer: es ist für jeden was geboten. Wir wollen bis Posada de Valdeón, denn für morgen habe ich eine besondere Unternehmung auf meiner Liste stehen. Dafür durchqueren wir (gefühlt) zuerst die Alpen, dann das Allgäu und schlussendlich die Dolomiten. Die Felsformationen und Aussichten sind so beeindruckend, dass wir uns während der Fahrt die Nase an der Frontscheibe platt drücken. Zwischendurch kommen wir durch kleine Bergdörfer, werden von einer Herde Schafe ausgebremst und es ist immer wieder ein „Ooooh“ oder „Aah, wie schön“ zu hören. Zum Glück habe ich vor Ort schon die Stellplätze sondiert und den Gemeinde-Platz für die Nacht ausgewählt. Er kostet zwar 15€ pro Nacht, allerdings sind Strom, Wasser und Abwasser inklusive & Duschen und Waschmaschinen gibt es auch. Das Allerbeste dran ist allerdings die Aussicht: die hohen, zackigen und sonnenbestrahlten Gipfel der Picos de Europa.
Es wäre schön, wenn alles so glatt laufen würde, wie man es sich vorstellt. Aber die Zufahrt zum Platz erreichen wir nur durch Umwege, denn sie wird durch die Bühne des örtlichen Volksfestes versperrt. Nachdem wir Pablo also durch die engen Gassen jongliert haben, stehen wir vor der Schranke und daneben der Check-in-Automat. Der scheint jedoch etwas gegen uns zu haben, denn er spuckt einfach keine Schlüsselkarte aus. Zwischendurch bietet uns eine nette Dame ihre Karte an, die noch bis zum nächsten Tag gültig ist. Allerdings haben wir Bedenken, denn die Karten sind mit dem Kennzeichen verknüpft. Wir sind dummerweise einfach zu ehrlich, denn dieser Stellplatz will uns letztendlich keinen Zutritt gewähren. Vielleicht haben wir aber auch einfach nur Glück, denn am nächsten (leider auch etwas teureren Platz) treffen wir die Dame wieder und sie erzählt uns, dass sie wegen dem Fest die Flucht ergriffen haben: Die Dauerbeschallung mit lauter Diskomusik in der Nacht zuvor ging nämlich bis 6.00 Uhr morgens und an Schlafen war nicht zu denken.
Hier ist es definitiv ruhiger & der Platz hat die selben Annehmlichkeiten, wie der im Ort. Mit dem Unterschied, dass wir mitten im Wald stehen und hier höchstens die Käuzchen „singen“. Ob wir morgen singen, japsen, fluchen oder frustriert umdrehen müssen, wird sich zeigen. Vorher schließen wir diesen sehr gelungenen Tag mit einer weiteren Camperlektion: „Wenn Du auf dem Campingplatz bist, habe immer eine Rolle Toilettenpapier bei Dir, wer weiß wozu Du sie brauchen wirst!“
Schreibe einen Kommentar