Wir haben geschlafen, wie die Murmeltiere. Außer dem Rauschen des nahegelegenen Flusses und dem Glockenklang der grasenden Kühe war nichts zu hören. Um 8:00 Uhr packen wir Duschzeug und Klopapier ein und laufen durch die Morgensonne und 8 Grad Außentemperatur zur örtlichen Nasszelle. Auf dem Platz herrscht bereits reges Treiben: Die Einen suchen ein sonniges Plätzchen fürs Frühstück, die Anderen gehen den Pflichten rund um den Camper nach. Nachdem Grauwasser entleert, das Chemieklo auf Vordermann, Wasser aufgefüllt und der Strom abgestöpselt ist, rollen wir von den Auffahrkeilen und in Richtung Ruta del cares.
Wir haben uns für den Einstieg in Caín entschieden und fahren daher zurück nach Posada de Valdeón. Im Ort angekommen geht es rechts ab- allerdings prangt mal wieder ein „Camper verboten“-Schild vor unserer Nase. Das haben wir allerdings gestern schon entdeckt und nun die Wahl zwischen „ignorieren“ und „versuchen zu umfahren“. Wir entscheiden uns für letzteres und siehe da: Die Straßen sind zwar extrem eng, aber kein Verbots-Schild zu sehen. Also geht es für uns weiter Richtung Ziel: Über enge, kurvige Wege (mit bis zu 20% Steigung und Gefälle), durch verwunschene Wälder und mit wundervollen Aussichten auf die Picos. Begleitet wird das Ganze von Miris durchgehendem Beten, dass uns niemand (genauso beklopptes) entgegen kommt.
In Caín finden wir direkt am Ortseingang einen kostenlosen Parkplatz. Der Jefe schaut zwar etwas mürrisch, aber weist uns ein und setzt sich wieder in den Schatten. Die Wanderschuhe werden geschnürt, der Proviant, den Miri gestern schon vorbereitet hat, in den Rucksack gepackt und es geht los. Was uns erwartet, wissen wir nur bedingt. Wir möchten Euch aber folgendes mitgeben, falls ihr diese einzigartige Wanderung auch auf Eurer Bucket-List habt:
- Der Weg verläuft entlang des Fluss Cares (daher der Name) zwischen Caín & Poncebos und ist 11km lang.
- Es handelt sich um keinen Rundweg!
- Wenn man in Caín oder Poncebos ankommt (je nachdem wo man startet) muss man auch wieder zurück laufen. Es gibt zwar Taxis, die zwischen den Orten verkehren, allerdings handelt es sich um eine Distanz von ca. 100 Kilometern & eine Fahrtzeit von mind 2 Stunden! Die Fahrtkosten kann man sich dann hochrechnen
- Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind Grundvoraussetzung: Der Weg verläuft immer am Abgrund entlang und mit Blick auf schroffe Bergformationen und das tiefe Tal, durch das sich der Fluss schlängelt.
- Von Poncebos aus ist der Weg etwas anstrengender, da es erstmal 2 km bergauf geht.
- Außer in Caín und in Poncebos gibt es unterwegs keine Einkehrmöglichkeiten, Toiletten oder Kiosks. Daher sollte man ausreichend zu Trinken und Proviant fürs Picknick unterwegs mitnehmen.
- Im Sommer verläuft der Weg durch die pralle Sonne, daher unbedingt an Kopfbedeckung und Sonnenschutz denken.
- Und ganz wichtig: Kamera nicht vergessen & öfter mal eine kurze Pause machen und die Aussicht genießen.
Trainiert sind wir schon lange nicht mehr und daher beschließen wir einfach soweit zu laufen, wie wir kommen und dann umzukehren. Und so führt uns der Weg anfänglich durch den Wald, direkt am Fluss entlang, der sich schnell zum reißenden Bach entwickelt. Es geht weiter über Brücken und geduckt durch enge Tunnel. Ziegen liegen entspannt am Weg, ab und an huscht ein Salamander vorbei und hoch oben in den Gipfeln kreisen die Gänsegeier. Der Weg ist so atemberaubend, dass wir schnell bei Kilometer 5 angekommen sind. Da wir noch Energie für den Rückweg brauchen, machen wir Mittagspause und entscheiden uns dann umzukehren. Die Sonne sticht mittlerweile und wir sind froh diese Entscheidung getroffen zu haben!
Gegen 16:00 Uhr kommen wir müde, aber glücklich wieder in Caín an und gönnen uns erstmal eine kalte Cola. Was für ein gelungener Tag. Jetzt brauchen wir nur noch einen entsprechenden Stellplatz. Ich habe gestern einen Platz entdeckt, der mich an eines unserer letzten Reiseziele erinnert. Bevor wir dort ankommen, müssen wir allerdings wieder zurück nach Posado de Valdeón. Miri darf wieder Stoßgebete gen Himmel schicken und Pablo muss alle Energie bündeln, um die Steigungen zu überwinden. Wir kommen aber ohne Probleme an.
Und wo unser Weg allerdings hinführt, das seht ihr dann morgen. Soviel sei erstmal verraten: Wir stehen wieder frei, mit Blick auf Berge und knüpfen neue Freundschaften!
Kleiner Exkurs zur Geschichte der Ruta del cares: Der Weg wurde natürlich nicht für uns Touristen gebaut, sondern um das Wasser des gleichnamigen Flusses von Cain zum Wasserkraftwerk Poncebos in Asturien zu leiten. In der siebenjährigen Bauzeit brachte das unwegsame Gelände viele technische Probleme mit sich und daher wurde die ursprüngliche Idee eines einzigen Tunnels schnell verworfen. Stattdessen wurde der heutige Kanal gebaut: Hierzu wurden ca. 71 handgebohrte Tunnel & Wartungswege von mehr als 2000 Arbeitern gebaut.
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