Der Nebel legt sich langsam über den See. Bis auf ein kurzes Trommelkonzert am Abend, keine Vorkommnisse. Wahrscheinlich wollten ein paar Jugendliche die Elche aufscheuchen.

Für uns geht es nach einem gemütlichen Frühstück weiter in den Süden. Gestern haben wir die weitere Route besprochen: Um etwas Zeit- und Kilometerdruck aus den letzten Urlaubstagen rauszunehmen, werden wir statt den beiden Brücken, wieder die Fähre ab Trelleborg nach Rostock nehmen. Preislich kein großer Unterschied, zeitlich auch nicht viel, dafür aber etwas Erholung für Marco. Heute machen wir also nicht soviel Strecke. Bei Mariestad soll die Sonne wieder rauskommen, vielleicht finden wir ein gemütliches Café am See oder schlendern etwas durch die Stadt. Wir zuckeln also die 26 Richtung Süden entlang, passieren eine Baustelle nach der anderen und es wird Zeit für eine Pause. Sjötorp – „die Perle am Vänernsee“, wie die Schwedische Tourismusseite sie nennt, scheint uns ideal. Mehrere hundert Jahre Schiffsbau- und Fischereigeschichte, das Tor zum Göta Kanal mit seinen zahlreichen Schleusen, Souvenir- und Handwerkläden, gemütliche Cafés und Restaurants. Das ist doch genau das, was wir suchen.
Wir finden gleich einen Parkplatz. Nur noch die entsprechende App herunterladen, installieren, registrieren und Kreditkartendaten eingeben- dann können wir uns alles ansehen. Es ist erstaunlich ruhig hier. Wir schauen uns erstmal um: Direkt an der Brücke neben der Schleuse, steht ein großer Gedenkstein, auf dem man (im Original auf Schwedisch) lesen kann:
„Im Jahr 1810 begannen hier in Sjötorp unter Leitung von Baltzar von Platen die Grabungsarbeiten für den Bau des Göta Kanals, bei denen rund 58.000 schwedische Soldaten eingesetzt wurden. Mit einfachen Werkzeugen und Eisenspaten arbeiteten sie sich unter größten Anstrengungen durch Berge, Moränen und zähen Lehm. Über genial konstruierte Schleusen konnten Schiffe stufenweise angehoben oder abgesenkt werden, um ihnen die Passage zwischen Nord- und Ostsee zu ermöglichen. Der Göta Kanal wurde 1832 fertiggestellt und gilt bis heute als Schwedens größtes Bauvorhaben aller Zeiten“.
(Quelle: https://www.schwedentipps.se/vaestergoetland/sjoetorp-am-vaenern/)
Wir lassen das Café Baltazar links liegen und spazieren Richtung See. Die Slussportens Våfelstuga (Waffelstube) hat leider geschlossen. Auch die anderen Cafés sind ausgestorben und schon winterfest gemacht. Von dem Sommeridyll und den Tausenden Besuchern, die im Sommer hier sind, ist jetzt Anfang September nicht mehr viel übrig. Die Fish ‘n’ Chips- Bude und das Tankstellenbistro haben noch geöffnet. Aber das ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Also suche ich ein Café im Nachbarort raus, direkt am Göta-Kanal mit schönem Garten. Einziges Manko: Es schließt laut Google um 15:00 Uhr! Also sputen wir uns, dann haben wir noch eine Stunde Zeit – „los geht’s!“
Auf dem Weg dahin fahren wir hinter einem Schweden her und amüsieren uns. Er denkt bestimmt: „der Deutsche verfolgt mich!“, denn egal wo er abbiegt, wir fahren ihm (geführt vom Navi) nach. Wir summen „im Wagen vor mir“ und fantasieren, was er wohl denkt! Erst als wir auf den Parkplatz vom Café einbiegen, fährt er geradeaus. Dort angekommen, wird die fröhliche Stimmung allerdings getrübt, denn das gemütliche Café ist ebenfalls in Winterstarre verfallen. Genauso, wie alle anderen in der näheren Umgebung. Wir fahren also nach Mariestad und suchen dort weiter. In einer größeren Stadt mit schönem Hafen ist die Wahrscheinlichkeit bestimmt höher. Aber auch hier: Alles verschlossen oder nur Sitzplätze im Inneren.
Was ist denn hier los? Südschweden scheint ab Mitte August, trotz Sonne und 18 Grad, in den Winterschlaf zu fallen. Jetzt bleibt nur noch eine Alternative: Am Stadtrand gibt es einen Coop- da ich sowieso noch einkaufen muss, kaufe ich einfach noch ein Stück Prinsesstårta für jeden, wir suchen uns einen schönen Stellplatz und wir „eröffnen“ unser eigenes, privates Café. Gesagt, getan! Er erste Teil gelingt, die Stellplatzsuche ergibt einen ruhigen Platz unter Kiefern, direkt am Vänernsee und (wieder mal) hinterm Golfplatz. Jetzt müssen wir nur noch hinkommen. Und das ist, dank der undurchsichtigen Baustellen hier, schwerer als gedacht. Wir verzetteln uns, fahren Umwege, müssen umdrehen und zurückfahren, um dann wieder zu drehen und auf die richtige Straße zu finden.
Und so, schaffen wir es nach vier Stunden und kleineren Nervenzusammenbrüchen, endlich am See anzukommen und unseren Café und die Tårta zu genießen. Manchmal klappt eben mal gar nichts, wird am Ende aber doch gut. So wie der traumhafte Sonnenuntergang mit Gäsegeschnatter, die sich wie wir auf den Weg in den Süden machen.
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