Wir leben noch! Die Nachbarn sind wirklich nur ein nettes, älteres Paar, auf der Reise durch Schweden und Finnland. Die Sonne spitzelt durchs Dachfenster, als wir gegen 8:00 Uhr wach werden. Endlich ist sie wieder da! Zum Frühstück können wir also unser Stühle rausholen und es uns seit langem mal wieder vor Ragnar bequem machen.
Nachdem das Frühstück verputzt und alles wieder verstaut ist, machen wir uns auf den Weg nach Mora. Und damit Marco nicht rein und rausspringen muss, rolle ich Ragnar von den Keilen. Wenn ich jetzt schon hinter dem Lenkrad sitze, dann kann ich ja versuchen den Schotterweg bis zur Hauptstraße zurückzufahren. Marco bleibt auf dem Beifahrersitz allerdings kleben und so genießt er die Fahrt bis nach Mora. Ein bisschen Bammel hab ich vor dem Stadtverkehr ja schon, aber ich beiße mich durch und schaffe es sogar rückwärts auf dem Parkplatz einzuparken.
Jetzt durchatmen, die Schweißflecken abtupfen und dann können wir uns das kleine Städtchen am nördlichen Zipfel des Siljansees ansehen. Der Name leitet sich vom altschwedischen Wort „Mor“ ab und bedeutet nichts anderes als „Moor“ oder „Sumpf“. Der älteste Ortsteil von Mora ist Mora Strand, das Zentrum um die Kirche. Auf einer Infotafel direkt am See findet sich ein Bild, das die Stadt um 1900 zeigt. Damals waren viele Dampfboote auf dem See im Einsatz um das Holz einzusammeln, welches die Flößer beim Transport verloren haben. Die Dampfboote stehen zur Besichtigung noch im Hafen und sind teilweise auch als Ausflugs-oder Kirchschiffe im Einsatz. Schon erstaunlich, wie sich das alles in 100 Jahren verändert hat. Die Übersetzungen ins Deutsche sind übrigens auch lesenswert und lassen uns schmunzeln.
Traditionen werden in Mora übrigens groß geschrieben: Hier finden sich nicht nur die weltweit bekannten roten Holzpferdchen, die in der Stadt überall zu finden sind. Hier endet auch der jährlich stattfindende „Vasaloppet“, ein 90 km langes Ski-Langlauf-Rennen welches zu Ehren von Gustav Vasa durchgeführt wird. Dieser ist für die Schweden von geschichtlicher Bedeutung, denn er rief 1520 zum Widerstand gegen die Dänen auf. Deshalb steht seine, von Anders Zorn gestaltete, Skulptur auch auf einem Hügel am Ortseingang.
Zorn: Eine weitere Persönlichkeit Moras und berühmter Künstler, Grafiker, Maler und Bildhauer. Er wurde als Sohn einer Schwedin und eines Deutschen Brauers in Mora geboren. Nach seiner Studienzeit in England und Spanien kehrte er nach und Mora zurück und heiratete Emma Lamm. Er kaufte das Grundstück neben der Kirche, wo sein Großvater schon ein Blockhaus errichtet hatte und baute die Zorn-Villa und gestaltete den Garten nach seinen Vorstellungen. Alleine der Garten sieht schon märchenhaft aus, überall gibt es etwas zu entdecken. Das Wohnhaus soll ähnlich aufwändig und liebevoll gestaltet sein.
Heute haben das Museum und das angrenzende „Zorn Café“ allerdings geschlossen und so schlendern wir noch etwas durch die Fußgängerzone und lassen uns abschließend in Wayne‘s Café nieder. Aber nicht ohne vorher noch ein kleines, rotes Holzpferd zu kaufen.
Danach geht es zurück zu Ragnar, denn unser Tagesziel Karlstad ist noch 3 Stunden entfernt. Es geht vorbei am Riesen-Dalapferd, umringt von Brokkolibäumen und den Dampfschiffen.
Ab jetzt übernimmt Marco wieder das Steuer. Ihm ist es auf der Beifahrerseite eindeutig zu langweilig. Stellplätze recherchieren, Routenplanung übernehmen, Blog schreiben oder Essen kochen möchte er im Gegenzug auch nicht übernehmen. So ergänzen wir uns eben perfekt! An einem kleinen See 70 km nördlich von Karlstad finden wir unseren Übernachtungsplatz im ersten Anlauf – heute läuft‘s! Und so genießen wir den Schwedenherbst und unsere letzten Tage in bekannten Gefilden, bevor es Donnerstag endgültig nach Hause geht.
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