Die Nacht war kurz und das Polarlichtgewitter intensiv. Immer wieder erstaunlich, dieses Phänomen. Noch erstaunlicher, wie die vorherige Müdigkeit schlagartig vergeht und wie lange man es im Schlafanzug in der Kälte aushält, wenn es plötzlich am Himmel leuchtet. Es regnet & wir haben das Gefühl der Herbst hält Einzug. Eigentlich wollten wir heute eine kleine Wanderung unternehmen, aber bei dem Wetter? Wir frühstücken erstmal, in der Hoffnung, dass es vielleicht aufklart. Tut es leider nicht und so brechen wir unverrichteter Dinge auf. 

Achja, ihr fragt euch sicher, was wir uns heute ansehen wollten? In Porjus liegt, in den Sümpfen versteckt, das Wrack einer notgelandeten Lancaster aus dem 2. Weltkrieg. Am 29. Oktober 1944 war der englische Bomber auf dem Weg um ein deutsches Kriegsschiff zu versenken. Jedoch fing während des Anfluges ein Triebwerk Feuer und der Pilot entschloss sich zur Notlandung. Zum Glück blieb die  gesamte Crew unverletzt, setzte allerdings das Wrack in Brand, damit es nicht dem Feind in die Hände viel. 15 Jahre später entdeckte ein Schrotthändler es und transportierte alles Brauchbare ab. Die restlichen Überbleibsel wurden bis 1992 im schwedischen Luftfahrtmuseum ausgestellt und dann wieder an die Absturzstelle zurückgebracht. 

Wir wollen heute mindestens 350 Kilometer zurücklegen, Marco sitzt die Zeit im Nacken obwohl er eigentlich stressfrei heimreisen möchte. Und da es sowieso regnet, fahren wir und fahren und fahren. Einmal werden wir zum abrupten Abbremsen gezwungen, denn vor uns tragen zwei Rentiere, mitten auf der Straße, ihren Revierkampf aus. Vor uns steht leider ein Camper, der die Sicht versperrt. Marco hat den Blick starr auf den Rückspiegel gerichtet, denn wir stehen ungünstig in einer Kurve. Als die Rentiere sich an den Straßenrand verziehen, blockiert der Camper vor uns immer noch die Straße, da er mit Fotografieren beschäftigt istund so fährt Marco hupend und schimpfend, wegen soviel Rücksichtslosigkeit an ihm vorbei. 

Bei Jokkmokk überqueren wir den nördlichen Polarkreis, an der Stelle, wo wir ihn schon mal 2021 passiert haben. Diesmal ist allerdings das Café geöffnet und so entscheiden wir uns, nach Erfüllung der Camperpflichten, für eine kleine Kaffeepause. Ich kaufe, zu Marcos Leidwesen, noch ein paar Souveniers und komme mit einem älteren Pärchen ins Gespräch. Sie sind seit Anfang August in Norwegen unterwegs und fahren gemütlich über Schweden zurück, denn sie müssen erst Ende September zurück sein. Wir tauschen ein paar Camper-Anekdoten aus, als der Herr mich fragt „Und womit seid ihr unterwegs?“ Ich zeige auf Ragnar und bekomme zur Antwort „ach, dann habt ihr uns vorhin bei den Rentieren angehupt!?“ Ups, so klein ist die Welt! 

Für uns geht es weiter und bis auf eine Pause am reißenden Fluss legen wir Kilometer um Kilometer auf dem Inlandsvägen zurück. Hier gibt es außer viel Natur und verrosteten Eisenbahnbrücken hauptsächlich Wasser in Form von Seen, Flüssen und Regen! Ab und zu kommt uns ein Auto oder LKW entgegen und ich verbringe die Zeit damit, entgegenkommende Camper zu grüßen und verzweifelt ein Bild vom Schild „Inlandsvägen“ zu machen. 

Bei Vilhelmina suchen wir uns einen Stellplatz für die Nacht. Diesmal wildromantisch, wieder direkt am See gelegen, aber ganz untypisch auf einem Campingplatz. Denn wir müssen heute dringend Wäsche waschen. Und so schlafen wir, nach unserem Pizzadate, unter den vollen Wäscheleinen ein und hoffen morgen auf besseres Wetter. 


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