Der Wasserfall neben uns hat die ganze Nacht gedonnert, aber unseren tiefen Schlaf nicht gestört. Für uns immer wieder erstaunlich, dass der Schlaf mitten in der Natur, trotz der ungewohnten Nebengeräuschen, so erholsam sein kann!

Nachdem wir unseren Carlito kurz Gassi geführt haben, um die Gegend von oben zu betrachten, machen wir uns auf dem Weg in Richtung Jokkmokk. Hierzu durchqueren wir heute zwei Landesgrenzen: Die nach Finnland und nach Schweden. Bevor wir Schweden erreichen, tauschen wir aber noch unsere Pfandflaschen gegen „Smash“ in Norwegen und gegen „Marianne“ in Finnland ein. Der kleine Supermarkt in Enontekiö ist hierbei ein besonderes Erlebnis. Hier gibt es Rentier in allen Variationen (als Filet, Hackfleisch, Schinken oder Salami). Ob ich mich dazu verleiten lasse welches zu kaufen? Das Fleisch soll ja besonders zart und gesund sein. Ansonsten ist dieser Supermarkt nicht nur mit Lebensmitteln und Alltagswaren ausgestattet, sondern mit allem, was das Herz begehrt: Werkzeuge, Angel- und Jagdzubehör sowie Autoersatzteile.

In diesen dünn besiedelten Gebieten sind Supermärkte aber nicht nur zum Einkaufen da. Sie sind auch Postfiliale, Seniorenbetreuung, Treffpunkt zum Kaffeeklatsch und Seelendoktor. Eilig sollte man es hier definitiv nicht haben, denn die Kassiererin tauscht sich mit jedem Kunden intensiv über Freud und Leid aus. Könnte ich finnisch, wüsste ich jetzt genauestens, welche Sorgen und Nöte jeder einzelne Kunde vor mir hat. So kann ich es nur der Gestik und Mimik entnehmen. Auch ich werde in perfektem Englisch interviewt, wo wir herkommen, wo wir hin wollen, wie es uns hier gefällt und wann wir wieder kommen!  Nach einem freundlichen „Kiitos“ („Danke“ – das einzige finnische Wort, das ich mir jemals merken werde) kann ich mich weiterer Fragen entziehen und wir setzen die Fahrt fort.

In Karesuando passieren wir die schwedische Grenze und auch den nördlichsten Punkt Schwedens. Wir fahren durch die herrliche Natur schwedisch-Lapplands die „Via Lappia“ entlang. Komisch, dass sich nach dem Grenzübertritt auch wieder die Natur ändert. Die Birkenwälder werden von Spitzen Tannen und Kiefern abgelöst. Rentiere sehen wir kaum noch. Dafür Sumpf- und Mooslandschaften. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir Gällivare, unser gesetztes Tagesziel. Ich suche einen Stellplatz in der Nähe von Porjus, da wir uns morgen hier etwas ansehen wollen. Allerdings ist uns beim schönen Platz direkt am See schon jemand zuvorgekommen. Also fahren wir, mal wieder, die Alternative an. Die Zufahrt ist jedoch so zugewachsen, dass wir nochmal zum ersten Platz fahren und den norwegischen Herren fragen, ob es ihm etwas ausmacht, wenn wir uns dazustellen – er hat nichts dagegen.  Angekommen! Jetzt ist die Chefin der Kombüse wieder gefragt: Freitag – es gibt Fisch, frisch geangelt – im Kühlregal vom Rema1000 in Norwegen! 🤪

Danach noch etwas ausruhen und ins Bett! Der Wetterbericht sagt für heute Nacht wieder Wolken voraus und wir haben keine Hoffnung auf Polarlichter. Auch wenn der Himmel sternenklar ist und die Umgebung perfekt wäre. Bereits im Schlafanzug und auf dem Weg ins Bett, werfe ich noch einmal einen hoffnungsvollen Blick aus dem Fenster: Sieht so aus, als wolle sich der nördliche Polarkreis standesgemäß von uns verabschieden, denn der Himmel (und anschließend meine Fotogalerie im Handy) erstrahlet in leuchtendem Grün! Dazu schimmert im Süden etwas rötliches durch die Wolken. Wir rätseln, was das sein könnte: Polarlichter, ein Komet oder ein UFO scheinen uns unrealistisch. Es sieht zwar aus wie ein Sonnenaufgang, aber es ist der Mond. Ihn haben wir schon lange nicht mehr gesehen.


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