„Jo“ ist wieder da und hat Verstärkung mitgebracht- seine Freundin „Alla“ soll ihn bei der Verteidigung der Badenwannen-Einliegerwohnung unterstützen! Wir verhelfen beiden zu einem „Upgrade“ ihrer Souterrainwohnung und verfrachten sie in ein komfortables Loft.
Nachdem wir unser Sonntagsfrühstück eingenommen haben und Marco unseren beiden Mitbewohnern etwas zu essen gegeben hat, machen wir uns auf den Weg in das, vor ein paar Tagen verschmähte, Örtchen Polperro.
Ihr erinnert Euch vielleicht: Nach unserem Strandbesuch, in der Nähe des historischen Fischerortes, wollten wir noch auf einen Absacker in den Hafen und… sind am Parkautomaten gestrandet. Heute geben wir dem Ort eine zweite Chance.
Der Ort wird als pittoreskes Fischerdorf, wie aus dem Bilderbuch, angepriesen. Die engen Gassen werden von hübschen Granithäuschen gesäumt und führen direkt zum Hafen.
Polperro war im 18. Jahrhundert ein wahrhaftes Schmugglernest. Als sich Großbritannien mit Amerika und Frankreich im Krieg befand und viele importierte Waren hoch besteuert wurden, sicherte die illegale Einfuhr von Spirituosen und Tabak der Bevölkerung oftmals das nackte Überleben.
Zu dieser Zeit soll ein Schmuggler namens William Wilcox in einem Haus im Hafen gelebt haben, das oberhalb einer Höhle lag. Wilcox soll einen geheimen Tunnel gegraben haben, der sein Haus mit der Höhle verband, damit er seine illegalen Waren unbemerkt transportieren konnte. Es gibt mehrere Geschichten darüber, wie der alte Schmuggler sein Ende fand: Eine besagt, dass Willy die Höhle nutzte, um sich vor den ihn verfolgenden Zollbeamten zu verstecken und dass er der aufkommenden Flut nicht entkommen konnte.
Eine andere und bei weitem die seltsamste Geschichte über Wilcox besagt, dass er seine Höhle betrat und sich in einem Labyrinth von Gängen, die er gegraben hatte, hoffnungslos verirrte. Er fand nie den Weg hinaus und sein ruheloser Geist kann immer noch in der dunklen Höhle gehört werden.
Wir stehen oberhalb der Höhle und von Willys Geist ist nichts zu hören. Also laufen wir zurück zum Hafen, in dem sich eine Vielzahl von Pubs befinden. Wir haben zwar Durst, aber finden für uns nicht das passende und machen uns daher auf den Weg zurück zum Parkplatz. Im Crumplehouse Inn gönnen wir uns eine Abkühlung im Schatten und planen den Weg zu unserem nächsten Ziel: Fowey.
An einem schmalen Fjord gelegen und gleichzeitig am Fowey River, dümpeln hier unzählige kleine und größere bunte Boote – ein idyllisches Bild. Aber bevor wir den Ort erkunden können, müssen wir erstmal mit der kleinen Fähre übersetzen. Ein kleines Abenteuer für sich, aber definitiv eine schöne Art der Anreise.
In Fowey erwartet uns mal wieder die häufig erwähnte Rosamunde Pilcher-Idylle: Man hat wirklich das Gefühl, mitten in ihre heile Bücherwelt geraten zu sein. Es fehlen nur die Poloshirt- und Segelschuh-tragenden Sunnyboys, die hilflosen Ladies, charmant aus der Patsche helfen.
Wir schlendern vorbei an schnuckeligen, kleinen Cafés, Restaurants & Geschäften. Leider haben viele davon gerade geschlossen und so müssen wir unser geplantes Abendessen wohl verschieben. Es ist mittlerweile 18:00 Uhr und als wir wieder am Parkplatz ankommen, knurrt unser Magen so heftig, dass selbst die Möwen Respekt vor uns bekommen. Wir packen also unsere Sandwiches aus und suchen uns eine Bank im Hafen. Hier ist es schön ruhig und wir überlegen noch ins benachbarte Charlestown zu fahren, denn hier soll es einen sehenswerten, alten Handelshafen geben.
Nach 15 Minuten Fahrt erreichen wir den Parkplatz, der zum „Shipwreck & Herritage Center“ gehört. Wir fühlen uns beim Betreten des Hafens sofort in die Vergangenheit zurückversetzt.
Der Hafen hat eine einzigartige Geschichte: Vor über 200 Jahren war West Porthmeur, wie Charlestown damals hieß, ein kleines Fischerdorf ohne Hafen und mit nur drei Häusern, in denen die Einwohner vom Sardinenfang lebten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begannen die Porzellan-Ton-Gruben im nahe gelegenen St. Austell zu florieren, so dass ein lokaler Hafen benötigt wurde, um den Transport des Tons zu erleichtern. Nach Umbau des Hafens siedelten sich in den Schuppen und Lagerhäusern rund um den Hafen verschiedene Unternehmen an und die Einwohnerzahl stieg explosionsartig an. Im Dorf entstanden viele attraktive historische Gebäude, von eleganten georgianischen Häusern bis hin zu gedrungenen Fischerhäuschen. Bis heute hat der Hafen viel von seinem ursprünglichen Charakter bewahrt und gehört mittlerweile zum UNESCO Weltkulturerbe.
Wir schlendern durch den kleinen und heute sehr lebendigen Hafen, in dem gerade Live-Musik gespielt, getanzt und gefeiert wird. Die umliegenden Lokale sind gut besucht. Wir lassen uns für eine gemeinsame Portion Fisch’n Chips neben den alten Segelschiffen nieder und beobachten das Treiben und die schöne Atmosphäre um uns herum. Langsam wird uns kalt und es heißt Abschied nehmen. Morgen wollen wir unsere Tour fortsetzen und die restlichen Fischer-Schmuggler-Nester erkunden.
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